Mehr als fünf Jahre nach Ausbruch des Diesel-Skandals fordert der VW-Konzern von seinem ehemaligen Chef Martin Winterkorn und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler eine Entschädigung. Dies gab das Unternehmen am Freitag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats bekannt. Volkswagen gab bekannt, dass die beiden ehemaligen Top-Führungskräfte nun „Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht“ erhalten werden. Dies sollte unter der umfassenden Bearbeitung des Skandals „eine Linie ziehen“. Die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz hat den VW-Aufsichtsrat zu diesem Thema beraten und diese Woche ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Es ist noch unklar, welchen finanziellen Umfang die Ansprüche haben könnten. Wer mit den Fakten vertraut ist, geht davon aus, dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder nicht überlastet werden wollen. Diese Ansprüche können auch durch spezielle Managerpolicen abgedeckt werden, die als D & O-Versicherung bezeichnet werden.
Gegenstand der internen Untersuchung des Unternehmens war, ob Winterkorn, Stadler und möglicherweise andere Führungskräfte zu diesem Zeitpunkt wegen fahrlässiger Management- und Kontrollfehler angeklagt wurden, bevor die Affäre im September 2015 entdeckt wurde – was letztendlich die Gelegenheit ermöglichte oder zumindest nicht verhinderte die Manipulation von Millionen von Dieselautos weltweit.
Als Ergebnis dieser Untersuchung wurde „nach Überzeugung des Aufsichtsrats“ festgestellt, dass Winterkorn seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem es im Sommer 2015 keine Klarheit über den Hintergrund der Nutzung nicht autorisierter Softwarefunktionen gegeben hat. Rupert Stadler verletzte seine Sorgfaltspflicht, weil er die Manipulation nach Aufdeckung des Skandals nicht erklärt hatte.
Im September 2015 ergab eine Untersuchung der US-Behörden, dass Volkswagen-Autos auf der Straße viel höhere Emissionen aufwiesen als auf Prüfständen. Danach stellte sich heraus, dass verschiedene Modelle der Konzernmarken weltweit von diesen Manipulationen betroffen waren.
In einer Stellungnahme erklärten die Anwälte von Winterkorn, Kersten von Schenck und Felix Dörr, dass ihr Mandant die Entscheidung des Aufsichtsrats bedauere. Er weist die gegen ihn erhobene Anschuldigung zurück und ist überzeugt, alles getan zu haben, um den Schaden zu verringern. Es gab noch keine Erklärung von Stadlers Seite, aber er war kürzlich vor Gericht gekommen.
Während der Untersuchung war Gründlichkeit über Geschwindigkeit von größter Bedeutung
Der Volkswagen Konzern hat lange gebraucht, um diese Entscheidung zu treffen, nämlich mehr als fünf Jahre. Im Vergleich dazu wurde der damals verantwortliche CEO Heinrich von Pierer im Milliarden-Dollar-Bestechungsskandal bei Siemens nach weniger als zwei Jahren beschlagnahmt und zahlte schließlich fünf Millionen Euro. Warum dauert es bei VW so lange? Weil es so viel Material zum Durchgraben gab, sagt Volkswagen jetzt. Die Regel war Gründlichkeit über Geschwindigkeit. In der Wolfsburger Vorlesung über Winterkorn und seinen Ex-Kollegen Audi-Chef Rupert Stadler wollten sie bisher hauptsächlich auf den Ausgang des Diesel-Strafverfahrens warten.
Der gegen Stadler begann im vergangenen Herbst in München, der gegen Winterkorn im Herbst in Braunschweig – nach einer Verschiebung im Zusammenhang mit der Korona. Bis zum Ausbruch des Diesel-Skandals machten sich beide Manager einen Namen für den finanziellen Erfolg der Gruppe, was dort immer wieder betont wird. Und beide haben bisher alle Anklagen abgewiesen. Wie der Richter in dem Verfahren entscheiden wird, das voraussichtlich Jahre dauern wird, ist offen.
Aber der ehemalige Arbeitgeber will natürlich nicht länger warten. Der VW-Aufsichtsrat gab bekannt, dass die Untersuchung der Ursachen und Verantwortlichen der im Oktober 2015 eingeleiteten „Dieselkrise“ nun eingestellt wird. Natürlich auch mit dem Risiko, dass diese Schadensersatzansprüche von enttäuschten Käufern inszeniert werden. Volkswagen musste bisher 32 Milliarden Euro zahlen, um den Skandal aufzuklären.