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Rechtsextremistische Serientäter in Berlin gefasst: Neukölln-Neonazi Sebastian T. hinter Gittern, Tilo P. wird aus der Haft entlassen – Berlin

Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Berlin scheinen im Fall der langen Reihe von rechtsradikalen Brandstiftungen im Bezirk Neukölln erfolgreich gewesen zu sein. Beamte des „BAO Fokus“ verhafteten die Neonazis Sebastian T. und Tilo P., die seit langem der Straftaten verdächtigt werden.

Beide werden beschuldigt, an verschiedenen Brandanschlägen teilgenommen zu haben, hieß es in Sicherheitskreisen. Sebastian T. vermutet auch, dass er illegal direkte Koronahilfe für Selbstständige beantragt hat. Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft hatte das Tiergartengericht einen Haftbefehl gegen die beiden Rechtsextremisten erlassen.

Am Nachmittag ersparte der Richter Tilo P. jedoch die Vollstreckung seiner Untersuchungshaft. Sebastian T. musste hinter Gittern gehen, weil die Staatsanwaltschaft eine Beschwerde gegen die Befreiung von der Haft eingereicht hatte. Der Richter sagte zu beiden Neonazis, dass ein dringender Verdacht bestehe, das Risiko einer Flucht jedoch mit milderen Mitteln als mit Sorgerecht bekämpft werden könne.

Nach der Verhaftung wurde in Sicherheitskreisen erfahren, dass „viele Teile des Mosaiks zusammengekommen waren“ und dass es nun für einen Haftbefehl ausreichte. Anscheinend lohnt es sich für die Sicherheitsbehörden, die beiden Rechtsextremisten genau zu überwachen.

[Die Brandserie ist auch regelmäßig Thema in unserem Leute-Bezirksnewsletter für Neukölln. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

„Die heutigen Verhaftungen und die Bestätigung des dringenden Verdachts durch den Richter sind ein wichtiges Signal für die Opfer und die Betroffenen“, sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). „Sie zeigen, dass die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen. Vor allem möchte ich der akribischen Arbeit der Staatswachen der Berliner Polizei danken.“

Laut Geisel ist das Problem des Rechtsextremismus mit den Festnahmen nicht verschwunden. „Wir müssen alle wachsam bleiben. Dies gilt für die Sicherheitsbehörden, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Wir müssen immer und überall Ausgrenzung, Rassismus, Hass und Gewalt bekämpfen.“

Mehr als 70 rechte Angriffe

Seit 2016 wurden in Neukölln mehr als 70 rechtsgerichtete Angriffe verübt, darunter 23 Brandanschläge. Die Angriffe betrafen hauptsächlich die Linke und die an der Flüchtlingshilfe beteiligten Personen. Fahrzeuge gingen mehrmals in Flammen auf. Die Polizei, die Justiz und der Senat wurden zunehmend wegen des Mangels an erfolgreichen Durchsuchungen kritisiert.

Neben Sebastian T. und Tilo P. gilt auch Verurteilter Neonazi Julian B. als einer der drei Hauptverdächtigen in der Angriffsserie. Bisher ist nicht klar, ob neue Erkenntnisse über ihn kommen werden.

Eines der Opfer der Reihe von Angriffen ist der linke Politiker Ferat Kocak. In der Nacht zum 1. Februar 2018 ging sein Auto in Flammen auf. Es war ein Zufall, dass sich das Feuer nicht auf das unmittelbar angrenzende Haus ausbreitete, in dem Kocak und seine Eltern schliefen. Später stellte sich heraus, dass die Sicherheitsbehörden im Voraus Beweise für den geplanten Angriff hatten, Kocak jedoch nicht gewarnt hatten.

Der erste Gedanke: Angst vor einem möglichen Racheakt

Das erste, was ich dachte, als ich von der Verhaftung hörte, war: Sie sind wahrscheinlich verärgert, dass sie heute Morgen aus dem Bett gezogen wurden – was ist mit Racheangriffen? Wer wird mich beschützen? Sagte Kocak zum Tagesspiegel. Immer wieder stellt sich die Frage, auf wen er sich nach all den Vorfällen der Untersuchung noch verlassen kann.

Der linke Politiker Ferat Kocak bei einer Demonstration zur Säuberung der rechten Angriffssequenz. Foto: imago images / Christian Mang

„Ich frage mich: Warum hat es so lange gedauert? Welche Beweise wurden jetzt gefunden, die in den letzten drei Jahren nicht vorhanden waren? Sagte Kocak. „Warum hat es so lange gedauert?“ Er und andere Opfer der Reihe von Angriffen fordern seit langem eine Untersuchungskommission, um die Ermittlungen und die Misserfolge zu untersuchen.

Diese Forderung bleibt bestehen, erklärte Kocak – eine mögliche Verurteilung der beiden Verdächtigen würde nichts ändern. „Im Untersuchungsausschuss geht es um viel mehr als nur um diese beiden Täter“, sagte Kocak. Es geht vielmehr darum zu klären, warum seit den ersten rechtsgerichteten Angriffen vor mehr als einem Jahrzehnt keine Untersuchungsergebnisse mehr vorliegen. Die Betroffenen vermuten, dass es Sicherheitslücken und rechte Netzwerke in den Behörden gibt, die die Untersuchung behindert hätten.

Die Betroffenen haben wenig Hoffnung auf eine Erklärung

Viele der Betroffenen hatten wenig Hoffnung, dass die Angriffe gelöst werden könnten. „Wir werden jetzt überrascht sein“, sagte Kocak. „Wenn es noch Bewegung gibt, wird es der Erfolg jahrelanger harter Arbeit aller Beteiligten, Initiativen und Journalisten sein.“

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